Der Mikrokosmos von Bela Bartok Was ist der Mikrokosmos? Der Mikrokosmos ist eine Klavierschule. Sie besteht aus sechs Bänden mit insgesamt 153 Stücken. Die ersten vier Bände ordnete Bartok dem Anfangsunterricht zu. "Die ersten vier Hefte dieser Sammlung von Klavierstücken wollen dem Anfänger - ob jung oder alt - eine Handhabe bieten, die nach Möglichkeit alle Probleme, denen der zukünftige Pianist zu Beginn begegnet, in sich schließt. Die ersten drei Hefte sind für das erste oder auch für die ersten beiden Jahre im Klavierspiel bestimmt." (Vorwort, 1.Band Mikrokosmos) Im Gegensatz zu vielen gebräuchlichen Klavierschulen gibt es im Mikrokosmos keine allgemeinen technischen oder theoretischen Unterweisungen. In den ersten 4 Heften sind Übungen zu finden. Sie beziehen sich jedoch immer auf die Stücke. Elementare Übungen, wie z.B. Daumenuntersatz oder gebrochene Dreiklänge, werden nicht geübt. Hierfür muß sich jeder Lehrer eigene Übungen ausdenken. Den Hauptanteil des Mikrokosmos bilden Stücke zu zwei Händen. Bartok hat jedoch auch vier Stücke zu vier Händen und vier Stücke für Singstimme und Begleitung geschrieben. Hierbei soll der Schüler sowohl die Singstimme, als auch den Klavierpart übernehmen. Am Ende der meisten Kompositionen hat Bartok Metronomangaben notiert. So auch im Mikrokosmos. Für die ersten vier Hefte sind diese Angaben lediglich als Richtlinie gedacht. Bei den Stücken aus Heft 5 und 6 sollten sie dagegen verbindlich sein. Wann entstand der Mikrokosmos? Die Entstehungszeit des Mikrokosmos wird häufig auf 1926-1937 geschätzt. Nachweislich gibt es auch ein Stück im Mikrokosmos, das Bartok 1926 komponiert hat. Ein Zitat Bartoks belegt jedoch, dass er den Mikrokosmos erst 1939 fertiggestellt hat. "Schon damals beschäftigte mich der Gedanke, leichte Klaviermusik für den Anfangsunterricht zu schreiben. Eigentlich machte ich mich erst im Sommer des Jahres 1932 an die Arbeit. Damals kamen ungefähr 40 Stücke zustande, 1933-1934 wiederum an die 40 und in den nächsten Jahren ungefähr 20, bis endlich im Jahr 1938 hundert und einige Stück fertig waren. Es waren aber noch immer Lücken da. Diese füllte ich im vorigen Jahr aus." (Bartok, 1940) Wie gliedert sich der Mikrokosmos? Eine Grobgliederung ergibt fünf Gruppen: Vorübungen Halbkompositionen, Volkslieder, nationale Stile Stücke zur spieltechnischen &Uuuml;bung Stücke über musikalische Phänomene Charakterstücke Wie ist der Kompositionsstil Bartoks im Mikrokosmos? Das Jahr 1926 ist im Schaffen Bartoks als Wendepunkt zu sehen. Hat er sich zuvor in seinen Stücken einer homophonen, akkordischen Auffassung bedient, wechselt er nun zur linearen Satztechnik. "In meinen neueren Werken verwende ich mehr Kontrapunkt als früher. So vermeide ich wieder die Formeln des 19. Jahrhunderts, die vorwiegend homophoner Art waren. Ich studiere Mozart. Vereinigte er nicht in wunderbarer Weise kontrapunktische und homophone Ideen in einigen seiner langsamen Sätze und vor allem in der "Jupiter-Symphonie"? Ich habe die vorklassischen Kontrapunktisten studiert, die für Orgel und Cembalo schrieben, und ich habe es vor, die Partituren der alten Vokalkontrapunktisten zu lesen. Denn ich beabsichtige immer ein Lerner zu bleiben." (Bartok, 1928) Der Hauptanteil der Stücke im Mikrokosmos basiert auf zweistimmigem Linienspiel. Die Tonarten sind meist pentatonisch oder kirchentonal. Es kommt vor, dass die Tonarten pendeln. In diesen Stücken gibt es dann sich überlagernde Tonarten mit gleichem oder auch ungleichem Grundton. Die Harmonik bleibt dem Impressionismus weiterhin verbunden. Es finden sich funktional unverbundene Klänge und oft auch Polytonalität. Häufig verwendet Bartok den Orgelpunkt. Die Metren im Mikrokosmos sind recht ungewöhnlich. Sehr oft findet man 7/8- oder 5/8-Takte, die auf bulgarischen Rhythmen beruhen. |